Dienstag, 26. Februar 2013

Esta




ESTA,  19 Jahre alt:

Kam mit ihren Eltern und 2 Gemeinde-pfarrern, die eng mit der Famile befreundet sind,  zu uns in die Physiotherapie.

Wir wurden gebeten, uns das Kind anzuschauen mit der Frage, ob Sie durch unsere Hilfe „normal“ laufen könne.
Esta saß barfuß auf dem Boden, - wie viele Kinder hier. Ihre Knie und Hüften waren so stark gebeugt, dass Sie an den Oberkörper gepresst waren.
- Das ist nach wie vor ihre Lieblingshaltung und sofern von Außen kein Impuls kommt, bleibt Sie genauso sitzen. -
Wir erfuhren, dass Sie im Alter von 4 Jahren eine schwere Infektion hatte, wonach Sie für einige Wochen einen steifen Nacken, eine überstreckte Haltung der HWS und reduzierte Beweglichkeit im Rumpf zeigte.
 - Wir vermuten Hirnhautentzündung. -
Die Eltern hofften, es würde sich wieder regenerieren und die Symptome wieder verschwinden.
Sie suchten 2-3 Jahre später einen Arzt auf, der aber auch keine klare  Diagnose treffen konnte. Es gab wohl immer wieder Phasen, in welchen Therapie in Kumasi stattfanden, aber  auch diese brachten keine Besserung.
Esta ist seit ihrer Krankheit zuhause, das bis dahin erworbene Sprachvermögen in Englisch reduzierte sich und auch ihre Intention zu sprechen ging gegen Null. Sie versteht zwar alle Anweisungen in Twi und kann ihnen langsam Folge leisten, aber ihr Bewegungsverhalten litt leider sehr und es war ihr unangenehm sich zu bewegen.

Im Stand und Gang zeigt sie einen deutlich ausgeprägten Shift nach links und will das rechte Bein kaum belasten oder benutzen. Ein freier Stand oder Gang ist momentan noch nicht möglich. Wenn Sie auf einem Hocker oder  Rollstuhl sitzen soll, zeigt sich ihre starke Angst zu fallen, sie wird sehr unruhig und möchte auf den Boden zurück.
Sie liebt einfache Aufgaben wie z.B. Klatschspiele, Ball werfen oder Puzzlespiele. Es ist sehr schön zu sehen, wie Esta sich über unsere Therapiezeiten freut und meistens ein grosses Lächeln für uns hat.
Ihr Lachen ist faszinierend.
Ein besonders schöner Moment  war, als wir während der Therapie Musik abspielten  und  Esta plötzlich von selbst anfing die Arme im Rhythmus der Musik zu bewegen. Wir sind mit ihr aufgestanden und haben nach und nach die Hilfestellung reduziert. Sie vertraute uns und sich selbst trotzdem soviel, dass wir immer mehr ins Tanzen übergehen konnten. Sie war über diesen Moment sehr glücklich. Sie war so in der Musik und dem Tanzen, dass sie gar nicht merkte, dass sie sich auf einmal in einem freien Stand befand  und  in diesem auch noch ihr Becken bewegte.
Esta bekommt täglich ca. 45-60 min Therapie und verbringt die Zeit bei uns mit verschiedenen Aufgaben. Wir trainieren Gleichgewicht, Stabilität, Koordination, Transfers, Konzentration, einfache Fang-u. Wurfspiele, sowie laufen, stehen, sitzen und: Tanzen! 


Inzwischen sitzt sie auch gern im Rollstuhl und wir laufen fast immer in den Therapieraum, was ca. 50m sind. Es ist toll zu sehen, welchen Erfolg tägliche Arbeit bringt und momentan macht Esta große Fortschritte. Nun hoffen wir, dass die Eltern diese Arbeit übernehmen und sich der Erfolg nicht deutlich reduziert.

Sonntag, 17. Februar 2013

Papa Yaw


Papa Yaw,
Papa Yaw und der Affe Blessing waren Freunde
auf den ersten Blick
auch Papaya genannt.-

Auf Papa Yaw sind wir ca. am 19.11.2012 aufmerksam geworden, da Ben, der sein Zimmermitbewohner war, zu uns sagte, dass in seinem Zimmer ein Junge liegt, der nichts macht.
„Der steht nie auf. Der macht gar nichts. Er schläft die meiste Zeit. Der putzt auch nie. Der macht gar nichts.“
Wir sind dann in das Zimmer um den Jungen, der nicht mithelfen will, anzusehen. Und es war für uns ein erschreckender Anblick, einen völlig abgemagerten, kontrakten, apathisch daliegenden Jungen zu sehen, der von vielen Fliegen belagert wurden, die sich in seine Augen setzten, halb in den Mund krabbelten und sich an kleinen offenen Wunden an seiner Haut zu schaffen machten. Seine Hautfarbe war heller als meine, was darauf schließen ließ, dass er nicht oft an der frischen Luft war. Frische Luft war auch in dem Zimmer nicht vorhanden, trotz einem Fenster, das ständig offen war. Es stank stark nach Urin, und anderen, nicht definierbaren, süßlichen Gerüchen.
Nach den ersten Schocksekunden, suchten wir nach einem Rollstuhl, in den wir Papa Yaw dann mehr schlecht als recht hineinsetzten, denn sein Körper war und ist durch lange Krankheit und das viele Liegen völlig „verformt“ Der Rumpf ist rotiert, die Knie und Ellenbogen in einer Beugestellung versteift. Wir fuhren ihn dann zur Physiotherapie, wobei wir sehr amüsant ausgesehen haben müssen (auch wenn es die ganze Situation nicht war), denn einer von uns schob und stützte gleichzeitig den Kopf und der andere lief völlig unphysiologisch rückwärts voran, um Beine und Körper von Papa Yaw zu stützen, damit er nicht aus dem fahrbaren Untersatz herausfällt.

Papa Yaw schaut in der Physiotherapie den anderen Koindern zu.
In der Physiotherapie angekommen, legten wir ihn in der Dusche auf eine Matte und begannen ihn zu waschen. Auch kochten wir mehrmals die Kleidung, in der Hoffnung den beißenden Geruch verbannen zu können.
Während wir Papa Yaw wuschen, wurden Maria und ich wütend. Warum hatte uns Mr. Arc nie gesagt dass dort noch ein Junge in den Schlafräumen liegt? Wir waren ja nun schon seit ca. 2 Wochen in der Einrichtung.
Nach der Waschaktion und desinfizieren der Wunden gönnten wir Papa Yaw etwas Ruhe. Wir verscheuchten immer wieder die Fliegen und arbeiteten auch mit den anderen Therapiekindern.

Anschließend, sprachen wir mit Mr. Arc, dass es für die Gesundheit des Jungen, auch für Ben, besser wäre, wenn der Raum und die Kleidung sauber wäre.
Ben und Papa Yaw. Ben hat keine Beruehrungsaengste
Dies hatte zur Folgen, dass er anordnen ließ, ALLES in dem Raum zu reinigen. Als wir später wieder zu Papa Yaw gingen, um auch die Kleidung vorbei zu bringen, die wir gewaschen hatten, wurden wir von 3 jungen Frauen, die auch Schüler des Center sind, mit sehr bösen Blicken gestraft. Sie waren gerade dabei, die Kleidung der Jungs zu waschen und den Raum zu säubern.
Als wir am folgenden Tag wieder zu Papaya gingen um ihn zur Physio zu bringen, war es deutlich erträglicher was Geruch und Ekel anging.

Glücklicherweise fanden wir in der Physiotherapie Berichte und Befunde von ehemaligen Volontären über Papa Yaw, so dass wir einen kleinen Einblick in seine Krankheitsgeschichte und die Lebensumstände vor seiner Zeit im Center, bekamen.
Er lebte zuvor mit seinem Vater und seiner Stiefmutter. Volontäre wurden im Rahmen des Village Children–Projekts auf ihn aufmerksam.
Obst fuer Papaya und Blessing
Bei dem Village Children-Projekt fuhren die Volontäre mit Mr. Arc das Dorf ab und holten behinderte Kinder ab und brachten sie in die Physiotherapie. Die meisten waren auch geistig behindert. Dort bekamen sie Essen, wurden gegebenenfalls geduscht und bekamen Therapie.
Papa Yaw „hauste“ in einem Zimmer, völlig verwahrlost und ohne Kontakt zur Familie.
Eine Volontärin aus Schweden bat Mr. Arc damals, dass Papa Yaw in das Center kann und sie beschloss auch, ihn monatlich mit 50€ zu unterstützen um Windeln zu kaufen, Pflegekräfte zu bezahlen. Die Pflegekräfte waren 2 körperlich und geistig gesunde Mädchen, die hier eine Ausbildung als Schneiderinnen machten. Leider haben sie ihre Ausbildung aber schon vor ca. einem Jahr beendet.)
Wir sprachen Mr. Arc auf die Volontärin an, denn wir dachten, es wäre schön ihr ein Feedback zu geben wie es Papa Yaw geht. Dabei sagte uns Mr. Arc, dass sie das Geld nur sehr unregelmäßig überweist und er dadurch selbst für die Windeln etc. aufkommen muss.

Am 23. November kam dann eine Überraschung ins Center: Rollstühle und andere Hilfsmittel aus Deutschland.
Das tolle an den neu gesendeten Rollstühlen war, dass sie eine hohe, höhenverstellbare Lehne hatten. Auch konnten die Fußstützen um 90° verstellt werden. Nach ein bisschen Basteln an dem Gefährt mit Wäscheleine und Kissen etc. war es ein sehr gute Lösung für Papa Yaw. Wir konnten ihn nun entspannter zur Physiotherapie fahren. Auch war es uns nun mit dem Rollstuhl möglich, ihn zu den anderen Leuten unter den Baum zu stellen, die dort im Schatten ihre freie Zeit verbrachten.
Wir merkten auch schon die Tage zuvor, dass er zunehmend wacher wurde und nicht mehr so apathisch war. Er folgte uns mittlerweile mit den Augen, begann, so weit möglich, Extremitäten zu bewegen, gab mehr Geräusche von sich, fing an nach etwas zu greifen.
Und er begann zu lächeln.

Wir begannen nun auch, Papaya hin und wieder in die Kirche zu bringen, da wir merkten dass ihm das sehr gefällt. Durch seine tägliche Präsenz unter dem Baum oder in der Kirche, begann er wieder ein Teil des Centers zu werden.

Bei Papa Yaws Mutter zu Hause
Am 5.12. 2012 tauchte dann für uns völlig überraschend Papa Yaws Mutter im Center auf. Sie meinte zu uns, dass sie nun jeden Morgen kommt. Sie sei die letzten 6 Wochen nicht da gewesen da sie auf Grund einer chronischen Leberkrankheit in Accra im Krankenhaus war.
Wir waren positiv überrascht über die neue Situation. Zumal Mr. Arc meinte, dass nie jemand vorbei kommt. Wir merkten die Anwesenheit der Mutter auch dadurch, dass Papa Yaw nun immer sauber war, das das Zimmer wirklich gar nicht mehr roch und wir keine Kleidung mehr von ihm waschen mussten. Es war auch sehr schön zu sehen, wir sie mit ihm umging. Ihm Essen gab, auch viele Früchte. Wir übten mit ihr auch noch etwas das Handling mit ihrem Sohn.
Durch den neuen Umstand konnten wir am 23.12. auch entspannter in unsere Weihnachtsferien starten, da wir wussten, es kümmert sich jemand um ihn.

Im neuen Jahr, Mitte Januar, hatte Papayas Mutter beschlossen, ihn mit zu sich nach Hause zu nehmen. Sie meinte, dass es eine große Belastung für sie sei, immer in das Center zu kommen und es ihr leichter fiele, ihn zu Hause zu pflegen, zumal sie dann auch in der Nacht für ihn da sein konnte.
Wir versprachen ihr, sie zu besuchen und auch weiterhin das Handling mit ihr zu üben. Zumal in der Wohnung auch neue logistische Aufgaben auf sie warteten.
Yvonne (kam ja am 1. Januar mit Kate in Ghana an) und ich machten den ersten Hausbesuch bei ihr und waren sehr positiv überrascht. Wir kamen in eine helle, saubere,  kleine 2 Zimmer – Wohnung (die natürlich nicht mit einer Wohnung in Deutschland zu vergleichen ist, denn standardmäßig hat Margaretes Wohnung keine Toilette, kein Bad, kein fließend Wasser. In Ghana gibt es dafür außerhalb im Hof/Garten eine Gemeinschafts- Eimerdusche /Plumpsklo und wenn man Glück hat, einen Brunnen.
Papa Yaw und seine Schwester... wir versuchten einen
Spaziergang. Unmoeglich bei dem Gelaende.
Wenn kein Brunnen oder fließend Wasser vorhanden ist, dann muss man zu einem Dorf-Gemeinschaftsbrunnen oder Wasserhahn oder Fluss laufen, bei dem eine Wegstrecke schon seine 7-15 min. haben kann )

Papaya sah auch sehr gut aus. Seine Haut hatte keine offenen Stellen mehr und man konnte sehen, dass sein Gesicht ein klein bisschen fülliger geworden ist und seine Füße nicht mehr so geschwollen waren. Er lächelte die ganze Zeit breit über sein ganzes Gesicht und erkannte uns auch wieder.
Als wir ankamen, war sie gerade dabei ihn nach dem Waschen einzucremen. Dies tat sie so hingebungsvoll und sanft, was eher untypisch für eine Ghanaerin ist. Es hat uns sehr berührt.

Wir erklärten ihr dann, wie sie den Rollstuhl am besten über die Stufen zwischen den einzelnen Räumen manövriert und beantworteten noch andere Fragen.

Ende Januar standen auf einmal 2 Holländer bei uns in der Physiotherapie, die die ganze Papa Yaw Geschichte durcheinander wirbelten und uns Geschichten von dem Jungen erzählten, die wir bis dahin nicht wussten. Angefangen bei seiner finanziellen Unterstützung durch die Schwedin (die anscheinend doch regelmäßig Geld an Mr. Arc überwies), über seine deutlich bessere gesundheitliche Lage ein Jahr zuvor, bis hin zu Problemen im Verhalten von Mr. Arc..... 




Maria - Physiotherapie unter freiem Himmel



Fortsetzung folgt! 

Messak

Messak



Durch unsere Freundschaften zu einigen Leuten in Offinso, bekommen wir auch tieferen Einblick  in das ghanaische Dorfleben, in die alltäglichen Strukturen, die Mann-Frau Hirarchien, der Umgang mit den Kindern, die Möglichkeiten- oder eben Nicht-Möglichkeiten der Schulbildung, das Überleben als alleinerziehende Mutter mit weniger als einem Euro am Tag usw…

Messak ist ein 19 jähriger Junge aus dem Dorf, der hier im Center immer seinen Freund Yaw besuchen kommt und zu denen wir engen Kontakt haben, ist unser Twi Lehrer (Twi= Ghana- Ashanti Regional Sprache)und unser Azonto Tanzlehrer (Asonto= der Tanzstil hier schechthin). Er ist Teil eines Projekts von Mary Antwi, bei dem die Hälfte der Aufnahmegebühr für die Schule bezahlt wird. Trotzdem wartet er seit 3 Jahren darauf, zur Schule gehen zu dürfen. Seine alleinerziehende Mutter konnte sich nur mit Mühe die Schule für seine anderen fünf Geschwister leisten. Sein Vater starb vor 4 Jahren, hinterließ der Familie ein Stückchen Land auf dem sie gerade soviel anpflanzen können, dass der Erlös vom Verkauf auf dem Sonntagsmarkt die Miet- und Stromkosten deckt. Für Gummistiefel, die u.a. vor Schlangenbissen schützen (und von denen hier  im Center deswegen viele Beinamputierte Kinder sind) reicht das Geld nicht, sagt Messak der mit seinen Flip Flops durch die Plantagen rennt. 

Im Gegensatz zu vielen anderen, die uns hier häufig nach Geld, Uhren und Laptops etc. anbetteln, hatte Messak nie nach etwas gefragt oder von uns verlangt. Er erzählte uns von seinem Traum Polizist zu werden und daraufhin entschlossen wir uns (das sind Aurelia, Yvonne, Katrin und Maria- eine Volunteerin aus Dänemark) ihn auf seinem Weg zu unterstützen und ihm seine 4-jährige Senior Highschool mit umgerechnet etwa 20 Euro im Monat zu finanzieren. 

Auch haben wir ihn und Yaw zu einem Tagesausflug zum Lake Bosomtwi eingeladen, da sie noch nie weiter gereist waren, als in die 30 km weit entfernte Stadt Kumasi.

Inzwischen sind wir der Meinung, dass wir auch gerne mehr Einzelschicksale, wie z.B. Messak, unterstützen möchten, da solche ohne Externe Hilfe so gut wie keine Chancen auf eine sichere Zukunft haben. Es geht uns sehr nahe all die Schicksale der Menschen hier zu erfahren und zu wissen, dass man nicht allen helfen kann, so gerne wir das auch machen würden. Wir fangen mit kleinen Schritten an und geben dabei unser Bestes.