Sonntag, 17. Februar 2013

Papa Yaw


Papa Yaw,
Papa Yaw und der Affe Blessing waren Freunde
auf den ersten Blick
auch Papaya genannt.-

Auf Papa Yaw sind wir ca. am 19.11.2012 aufmerksam geworden, da Ben, der sein Zimmermitbewohner war, zu uns sagte, dass in seinem Zimmer ein Junge liegt, der nichts macht.
„Der steht nie auf. Der macht gar nichts. Er schläft die meiste Zeit. Der putzt auch nie. Der macht gar nichts.“
Wir sind dann in das Zimmer um den Jungen, der nicht mithelfen will, anzusehen. Und es war für uns ein erschreckender Anblick, einen völlig abgemagerten, kontrakten, apathisch daliegenden Jungen zu sehen, der von vielen Fliegen belagert wurden, die sich in seine Augen setzten, halb in den Mund krabbelten und sich an kleinen offenen Wunden an seiner Haut zu schaffen machten. Seine Hautfarbe war heller als meine, was darauf schließen ließ, dass er nicht oft an der frischen Luft war. Frische Luft war auch in dem Zimmer nicht vorhanden, trotz einem Fenster, das ständig offen war. Es stank stark nach Urin, und anderen, nicht definierbaren, süßlichen Gerüchen.
Nach den ersten Schocksekunden, suchten wir nach einem Rollstuhl, in den wir Papa Yaw dann mehr schlecht als recht hineinsetzten, denn sein Körper war und ist durch lange Krankheit und das viele Liegen völlig „verformt“ Der Rumpf ist rotiert, die Knie und Ellenbogen in einer Beugestellung versteift. Wir fuhren ihn dann zur Physiotherapie, wobei wir sehr amüsant ausgesehen haben müssen (auch wenn es die ganze Situation nicht war), denn einer von uns schob und stützte gleichzeitig den Kopf und der andere lief völlig unphysiologisch rückwärts voran, um Beine und Körper von Papa Yaw zu stützen, damit er nicht aus dem fahrbaren Untersatz herausfällt.

Papa Yaw schaut in der Physiotherapie den anderen Koindern zu.
In der Physiotherapie angekommen, legten wir ihn in der Dusche auf eine Matte und begannen ihn zu waschen. Auch kochten wir mehrmals die Kleidung, in der Hoffnung den beißenden Geruch verbannen zu können.
Während wir Papa Yaw wuschen, wurden Maria und ich wütend. Warum hatte uns Mr. Arc nie gesagt dass dort noch ein Junge in den Schlafräumen liegt? Wir waren ja nun schon seit ca. 2 Wochen in der Einrichtung.
Nach der Waschaktion und desinfizieren der Wunden gönnten wir Papa Yaw etwas Ruhe. Wir verscheuchten immer wieder die Fliegen und arbeiteten auch mit den anderen Therapiekindern.

Anschließend, sprachen wir mit Mr. Arc, dass es für die Gesundheit des Jungen, auch für Ben, besser wäre, wenn der Raum und die Kleidung sauber wäre.
Ben und Papa Yaw. Ben hat keine Beruehrungsaengste
Dies hatte zur Folgen, dass er anordnen ließ, ALLES in dem Raum zu reinigen. Als wir später wieder zu Papa Yaw gingen, um auch die Kleidung vorbei zu bringen, die wir gewaschen hatten, wurden wir von 3 jungen Frauen, die auch Schüler des Center sind, mit sehr bösen Blicken gestraft. Sie waren gerade dabei, die Kleidung der Jungs zu waschen und den Raum zu säubern.
Als wir am folgenden Tag wieder zu Papaya gingen um ihn zur Physio zu bringen, war es deutlich erträglicher was Geruch und Ekel anging.

Glücklicherweise fanden wir in der Physiotherapie Berichte und Befunde von ehemaligen Volontären über Papa Yaw, so dass wir einen kleinen Einblick in seine Krankheitsgeschichte und die Lebensumstände vor seiner Zeit im Center, bekamen.
Er lebte zuvor mit seinem Vater und seiner Stiefmutter. Volontäre wurden im Rahmen des Village Children–Projekts auf ihn aufmerksam.
Obst fuer Papaya und Blessing
Bei dem Village Children-Projekt fuhren die Volontäre mit Mr. Arc das Dorf ab und holten behinderte Kinder ab und brachten sie in die Physiotherapie. Die meisten waren auch geistig behindert. Dort bekamen sie Essen, wurden gegebenenfalls geduscht und bekamen Therapie.
Papa Yaw „hauste“ in einem Zimmer, völlig verwahrlost und ohne Kontakt zur Familie.
Eine Volontärin aus Schweden bat Mr. Arc damals, dass Papa Yaw in das Center kann und sie beschloss auch, ihn monatlich mit 50€ zu unterstützen um Windeln zu kaufen, Pflegekräfte zu bezahlen. Die Pflegekräfte waren 2 körperlich und geistig gesunde Mädchen, die hier eine Ausbildung als Schneiderinnen machten. Leider haben sie ihre Ausbildung aber schon vor ca. einem Jahr beendet.)
Wir sprachen Mr. Arc auf die Volontärin an, denn wir dachten, es wäre schön ihr ein Feedback zu geben wie es Papa Yaw geht. Dabei sagte uns Mr. Arc, dass sie das Geld nur sehr unregelmäßig überweist und er dadurch selbst für die Windeln etc. aufkommen muss.

Am 23. November kam dann eine Überraschung ins Center: Rollstühle und andere Hilfsmittel aus Deutschland.
Das tolle an den neu gesendeten Rollstühlen war, dass sie eine hohe, höhenverstellbare Lehne hatten. Auch konnten die Fußstützen um 90° verstellt werden. Nach ein bisschen Basteln an dem Gefährt mit Wäscheleine und Kissen etc. war es ein sehr gute Lösung für Papa Yaw. Wir konnten ihn nun entspannter zur Physiotherapie fahren. Auch war es uns nun mit dem Rollstuhl möglich, ihn zu den anderen Leuten unter den Baum zu stellen, die dort im Schatten ihre freie Zeit verbrachten.
Wir merkten auch schon die Tage zuvor, dass er zunehmend wacher wurde und nicht mehr so apathisch war. Er folgte uns mittlerweile mit den Augen, begann, so weit möglich, Extremitäten zu bewegen, gab mehr Geräusche von sich, fing an nach etwas zu greifen.
Und er begann zu lächeln.

Wir begannen nun auch, Papaya hin und wieder in die Kirche zu bringen, da wir merkten dass ihm das sehr gefällt. Durch seine tägliche Präsenz unter dem Baum oder in der Kirche, begann er wieder ein Teil des Centers zu werden.

Bei Papa Yaws Mutter zu Hause
Am 5.12. 2012 tauchte dann für uns völlig überraschend Papa Yaws Mutter im Center auf. Sie meinte zu uns, dass sie nun jeden Morgen kommt. Sie sei die letzten 6 Wochen nicht da gewesen da sie auf Grund einer chronischen Leberkrankheit in Accra im Krankenhaus war.
Wir waren positiv überrascht über die neue Situation. Zumal Mr. Arc meinte, dass nie jemand vorbei kommt. Wir merkten die Anwesenheit der Mutter auch dadurch, dass Papa Yaw nun immer sauber war, das das Zimmer wirklich gar nicht mehr roch und wir keine Kleidung mehr von ihm waschen mussten. Es war auch sehr schön zu sehen, wir sie mit ihm umging. Ihm Essen gab, auch viele Früchte. Wir übten mit ihr auch noch etwas das Handling mit ihrem Sohn.
Durch den neuen Umstand konnten wir am 23.12. auch entspannter in unsere Weihnachtsferien starten, da wir wussten, es kümmert sich jemand um ihn.

Im neuen Jahr, Mitte Januar, hatte Papayas Mutter beschlossen, ihn mit zu sich nach Hause zu nehmen. Sie meinte, dass es eine große Belastung für sie sei, immer in das Center zu kommen und es ihr leichter fiele, ihn zu Hause zu pflegen, zumal sie dann auch in der Nacht für ihn da sein konnte.
Wir versprachen ihr, sie zu besuchen und auch weiterhin das Handling mit ihr zu üben. Zumal in der Wohnung auch neue logistische Aufgaben auf sie warteten.
Yvonne (kam ja am 1. Januar mit Kate in Ghana an) und ich machten den ersten Hausbesuch bei ihr und waren sehr positiv überrascht. Wir kamen in eine helle, saubere,  kleine 2 Zimmer – Wohnung (die natürlich nicht mit einer Wohnung in Deutschland zu vergleichen ist, denn standardmäßig hat Margaretes Wohnung keine Toilette, kein Bad, kein fließend Wasser. In Ghana gibt es dafür außerhalb im Hof/Garten eine Gemeinschafts- Eimerdusche /Plumpsklo und wenn man Glück hat, einen Brunnen.
Papa Yaw und seine Schwester... wir versuchten einen
Spaziergang. Unmoeglich bei dem Gelaende.
Wenn kein Brunnen oder fließend Wasser vorhanden ist, dann muss man zu einem Dorf-Gemeinschaftsbrunnen oder Wasserhahn oder Fluss laufen, bei dem eine Wegstrecke schon seine 7-15 min. haben kann )

Papaya sah auch sehr gut aus. Seine Haut hatte keine offenen Stellen mehr und man konnte sehen, dass sein Gesicht ein klein bisschen fülliger geworden ist und seine Füße nicht mehr so geschwollen waren. Er lächelte die ganze Zeit breit über sein ganzes Gesicht und erkannte uns auch wieder.
Als wir ankamen, war sie gerade dabei ihn nach dem Waschen einzucremen. Dies tat sie so hingebungsvoll und sanft, was eher untypisch für eine Ghanaerin ist. Es hat uns sehr berührt.

Wir erklärten ihr dann, wie sie den Rollstuhl am besten über die Stufen zwischen den einzelnen Räumen manövriert und beantworteten noch andere Fragen.

Ende Januar standen auf einmal 2 Holländer bei uns in der Physiotherapie, die die ganze Papa Yaw Geschichte durcheinander wirbelten und uns Geschichten von dem Jungen erzählten, die wir bis dahin nicht wussten. Angefangen bei seiner finanziellen Unterstützung durch die Schwedin (die anscheinend doch regelmäßig Geld an Mr. Arc überwies), über seine deutlich bessere gesundheitliche Lage ein Jahr zuvor, bis hin zu Problemen im Verhalten von Mr. Arc..... 




Maria - Physiotherapie unter freiem Himmel



Fortsetzung folgt! 

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